Judith Holofernes beim Hafensommer Würzburg
Judith Holofernes
„Die Frontfrau der Band Wir sind Helden stellt schnell klar: Die Holofernes führt auch als Solokünstlerin „Ein leichtes Schwert.““
Judith Holofernes ist Sängerin, Gitarristin und vor allem auch Autorin pointierter Texte der außergewöhnlich erfolgreichen Band Wir sind Helden. Die Band hatte sich zuletzt nach langen tourintensiven Jahren und den Zwängen des Music-Biz eine kreative Pause auferlegt. Auf ihrem Blog unterhielt Holofernes ihre Fans folgend eher mit schrägen Kreuzberg–Anekdoten, überraschte dann aber im letzten Jahr in einem gut aufgelegten Bekennerschreiben. Im „Verlauf eines traumhaften Sommers“ habe sie „unter dem Radar (…) einen Haufen Lieder aufgenommen – in kleinster, aber wummsiger Besetzung.
Mit Einflüssen von Groove & Punk, Indie-Rock, Country, Zydeco oder gar Rock ’n’ Roll liefert sie ein locker charmantes wie auch kreativ verqueres „Debüt“ ab: Die Holofernes führt auch als Solokünstlerin „Ein leichtes Schwert.“ Sie schreibt weiter: „eine Freundin sagt, die Musik sei „unerzogen und ungekämmt“ und habe „im besten Falle eine kleine Meise.“ Diese ausgewogen-professionelle Einschätzung, so die Künstlerin, erfreue ihr Herz, „denn: genau so wollte ich das. (…) Ihr findet mich unter H wie Judith Holofernes“
Interview: Heldin mit eigenem Kompass
(Timo Lechner, Juli 2014)
„Wir sind Helden“, eine der aufregendsten deutschsprachigen Rock-Pop-Bands der 2000er-Jahre liegen auf Eis. Ihre Sängerin und Gitarristin Judith Holofernes ist aber wieder zurück: Mit ihrem Album „Ein leichtes Schwert“ und ihrer Band kommt die Künstlerin am Mittwoch, 30. Juli, zum Hafensommer Würzburg. Im Interview erzählt Holofernes, wie es ihr in den vergangenen Jahren so ergangen ist und was sie wieder auf die Bühne treibt.
Frau Holofernes, wenn man Ihr erstes Solo-Album hört meint man, es wäre die neue Helden-Platte. Hatten die Helden also so stark Ihre Handschrift?
Judith Holofernes: Oh, das ist lustig! Da scheiden sich offensichtlich die Geister. Manche finden das, was ich jetzt mache, ganz anders als die Helden, andere ganz ähnlich. Ich selber weiß gar nicht so genau. Denke mal, das Songwriting ist natürlich sehr verwandt, klar, ich hab bei den Helden ja nicht nur die Texte, sondern auch fast alle Gesangsmelodien geschrieben. Der größte Unterschied liegt wahrscheinlich im Sound, der ist ungeschliffener und vielleicht im weitesten Sinne handgemachter.
Wie schwierig war es für Sie, nun nicht nur beim Texte schreiben, sondern auch beim Komponieren auf sich alleine gestellt zu sein?
Holofernes: Über große Strecken hat mir das fast ausschließlich einen Heidenspaß gemacht. Ich musste viele Sachen lernen, die ich sonst automatisch abgegeben hätte. So habe ich auf meinen Demos selber Bass gespielt, und wenn ich ein Instrument nicht spielen konnte, habe ich es eben gesungen. Natürlich gab es Krisen, vor allem, wenn mir etwas zu lange gedauert hat. Aber ich bin froh, dass ich da durchgegangen bin.
Was können Sie endlich solo anders machen als mit den Helden?
Holofernes: Ein großer Unterschied ist der, dass meine Basis jetzt in Berlin sein kann, was natürlich wahnsinnig erleichternd ist. Wir Helden haben ja von Anfang an in drei verschiedenen Städten gewohnt und sind für jede Besprechung, jeden Videodreh und jede Probe hin und her gefahren. Jetzt bin ich nur noch unterwegs, wenn ich Konzerte spiele, und das macht schon einen großen Unterschied. Außerdem ist es nach Jahren der Basisdemokratie natürlich schön, Entscheidungen schneller und aus dem Bauch raus fällen zu können. Auch musikalisch. Und für mich war es schon wichtig, noch mal neu anzufangen, ohne denvDruck und die Erwartungen, den so eine große Band mit sich bringt.
Waren die Kinder beziehungsweise die Familie der eigentliche Grund, mit den Helden zu pausieren?
Holofernes: Natürlich ist es wichtig, dass ich die Dinge jetzt so gestalten kann, wie sie zu meinem Leben besser passen. Ich möchte in erster Linie ein gutes Leben führen, das mir erlaubt, den Dingen Raum zu geben, die mir wichtig sind, sei das meine Familie oder auch die Musik selber. Eine so erfolgreiche Band wie „Wir sind Helden“ macht großen Spaß und bringt viele tolle und aufregende Sachen mit sich, aber sie lässt nicht wirklich viel Platz für Langsameres, Abseitigeres oder Tieferes. Sie lässt eigentlich einfach nicht besonders viel Platz: Punkt.
Wie haben Sie die vergangenen drei Jahre seit dem vorzeitigen Ende der Band verbracht?
Holofernes: Ich habe eigentlich mehr Musik gemacht als vorher. Ich habe viel Gitarre gespielt, auf meinem Sofa, mir neue Instrumente gekauft, angefangen, Klavier zu spielen und Musik gehört, mit so viel Inbrunst, wie in den Jahren davor gar nicht möglich gewesen wäre. Außerdem war ich viel spazieren. Und habe Tiergedichte geschrieben und meinen Blog gepflegt, was auch viel Spaß gemacht hat.
Wie kam es zu dem Titel „Ein leichtes Schwert“?
Holofernes: Als es mit den Helden zu ende ging, hatte ich ein ganz eindeutiges Gefühl: „Ich muss wieder ein leichteres Schwert führen“. Und das tue ich jetzt!
Sie haben jetzt Ihre Erfahrungen im Musikgeschäft ebenso wie als Mutter gemacht. Inwieweit verändern diese Eindrücke Ihre Art, Texte zu schreiben?
Holofernes: An meiner Art, Texte zu schreiben, ändert sich eigentlich gar nicht so viel. Ich schreibe seit ich angefangen habe über alles, was mich genug interessiert oder entflammt, ärgert oder freut oder rührt oder amüsiert. Die Texte auf „Ein leichtes Schwert“ sind für mich zum Beispiel sehr verwandt mit denen der „Reklamation“, mehr als mit den dazwischen liegenden Helden-Alben. Vielleicht, weil wieder so eine Anfangsenergie drin liegt.
Wie werden Ihre Live-Konzerte aussehen und sich anhören?
Holofernes: Bunt und heiß und lustig und schön. Und tanzbar! Wir stehen zu sechst auf der Bühne und fackeln ein ganz schönes Spektakel ab. Ich habe auf jeden Fall sehr viel Spaß!
Gibt es schon Pläne für die kommenden Jahre, oder lassen Sie alles auf sich zukommen?
Holofernes: Mal sehen. Auf jeden Fall scheint die Musik immer noch die stärkste Kraft zu sein. Ich denke, ich werde ordentlich Haken schlagen, um diese Anfangsenergie immer wieder neu herzustellen. Auf jeden Fall fühle ich mich nicht mehr so sehr zu irgendwas verpflichtet – höchstens der Freude. Nein, im Ernst: ich fühle mich eigentlich nur noch meinem eigenen Kompass verpflichtet.